Wer ein Faible für Actionfilme hat, kann an 96 Hours (2008) nicht vorbeigekommen sein. Der erste Teil war großartig und ich kenne eigentlich kaum jemanden, der ihn erstens nicht gesehen hat und zweitens ihn nicht mochte. Liam Neeson als Vater, der sein gesamtes Sinnen und Trachten bedingungslos in den Dienst der Rettung seiner Tochter aus den Fängen gefährlicher Menschenhändler stellt, konnte damals wirklich überzeugen. Die Ankündigung des zweiten Teils der Reihe machte mich allerdings eher skeptisch – will Hollywood hier abermals eine Idee in einem Sequel ausschlachten? Jein, soviel sei vorweg genommen, doch nun im Detail…
„If I kill you, your other sons will come and seek revenge?“
Wer Wind sät, wird Sturm ernten
Das letzte Mal war Paris Schauplatz der Inszenierung. Bei der Fortsetzung entschied man sich für Istanbul. Der Film beginnt zunächst mit Szenen, die die albanische Familie der im ersten Teil in Paris getöteten Männer zeigt. Die männlichen Vertreter schwören Rache an dem Mörder ihrer Söhne und Brüder zu nehmen. Nach diesem Auftakt verlagert sich die Handlung nach Amerika – vermutlich einige Zeit nach der spektakulären Rettungsaktion. Liam Neeson (Battleship, The Dark Knight Rises) gibt erneut Bryan Mills, den Ex-Agent und Freizeit-Zwangsneurotiker, welcher immer noch um ein Stück Normalität in seinem Leben kämpft und sich beispielsweise penibel an die Verabredung zum Fahrtraining mit seiner Tochter Kim (Maggie Grace) hält. Der Teenager hat allerdings längst nicht nur den lang ersehnten Führerschein im Kopf, sondern beschäftigt sich viel lieber mit ihrem neuen Freund – sehr zum Leidwesen ihres Vaters. Und um den Reigen der Widrigkeiten des Lebens perfekt zu machen, lässt sich der zweiten Ehemann von Bryans Ex-Frau Lenore (Famke Janssen) gerade von ihr scheiden. Bryan, der beruflich als Sicherheitsexperte nach Istanbul reisen muss, lädt Lenore und Kim daher kurzerhand ein, ihn nach seinen beruflichen Verpflichtungen dort zu treffen, um ein paar Tage gemeinsam auszuspannen. Doch stattdessen treten nun die anfangs erwähnten Albaner auf den Plan. Sie entführen Bryan und Lenore – das Unheil nimmt seinen Lauf…
„Listen to me carefully, Kim. Your mother; is going to be taken. And people are gonna come for you to.“
Auge um Auge, Zahn um Zahn
Für den zweiten Teil konnten erneut alle erwähnenswerten Schauspieler des ersten Teils gewonnen werden. Rade Šerbedžija (Batman Begins, Shooter) spielt Murad Hoxha, das Oberhaupt der albanischen Familie und somit mehr oder weniger den Antagonisten. Das Drehbuch wurde, ebenfalls wie beim ersten Teil, von Robert Mark Kamen (Transporter 2 u. 3, Colombiana) und dem berühmten Regisseur Luc Besson (Léon – Der Profi, Das fünfte Element) beigesteuert. Besson übernahm auch gleichzeitig die Produktion. Als Regisseur konnte man Oliver Megaton (Transporter 3, Colombiana) verpflichten. Die „Macher“ haben demnach schon öfter zusammen gearbeitet, was meines Erachtens immer auf eine höhere Qualität hoffen lässt.
„My turn.“
Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein
Grundsätzlich vereint 96 Hours – Taken 2 alle Ansätze für einen guten Actionfilm – es wird geschossen, getötet und gefoltert. Es gibt Verfolgungsjagden, spektakuläre Stunts und selbstverständlich einen Showdown am Ende. Dennoch verläuft der Film insgesamt zu sehr nach Schema F. Natürlich impliziert schon der Titel, dass es erneut eine Entführung geben wird. Natürlich erwartet man von einer Fortsetzung heutzutage kaum Neues und Einfallsreiches. Das ist aber ein generelles Problem der Branche und haftet nicht nur 96 Hours – Taken 2 an. Trotzdem hatte ich mir nach dem sehr guten Erstling mehr erhofft. Einzig allein Liam Neeson kann durch seine Spielkunst hervorstechen. Ansonsten plätschert, wenn man das von einem Actionfilm sagen kann, das Geschehen an einem vorbei ohne wirklich Fahrt aufzunehmen. Die albanische Familie und vor allem deren Oberhaupt und Gegenspieler von Neeson bleiben blass und für den Zuschauer meist undurchsichtig. Hinzu kommen noch zum Teil hanebüchene Logiklücken, die jedweder Lebensrealität widersprechen, und Dialoge, die mitunter zum Reißausnehmen sind. Bei einem ansonsten starken Film sieht man darüber hinweg, bei diesem leider nicht.
„What are you gonna do? – What I do best.“
Fazit von ms91
Letztendlich kann 96 Hours – Taken 2 nicht an die Stärken seines Vorgängers anknüpfen. Wenn man es ganz streng nimmt, liegt die einzige Veränderung darin, dass Bryan Mills zunächst selbst entführt wird und seine Tochter sich dieses Mal auf die Suche nach ihren Eltern begibt. Die Dialoge wirken zum Teil viel zu hölzern und hätten daher im Ergebnis manchmal auch ganz entfallen können. Dennoch vermag der Film zumindest größtenteils zu unterhalten, sodass der Kauf der Kinokarte insgesamt nicht völlig umsonst war. 96 Hours – Taken 2 ist ein solider, aber auf keinen Fall hochklassiger Actionthriller. Man hat nicht das Gefühl, dass eine Grundidee hier wirklich bis zum Exzess ausgeschlachtet werden sollte, allerdings bewegt sich das Sequel eher auf durchschnittlichem Niveau heutiger Fortsetzungen. Wer noch ein paar Monate warten kann, kann sich den Streifen daher ebenso gut in der Videothek seines Vertrauens für die Durchsicht in den eigenen vier Wänden entleihen.
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