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„Jurassic World“ – Die Abstinenz eines guten ‚build up‘

Ursprünglich als Review gedacht, hab ich mich dazu entschieden ein kleines Feature daraus zu machen. Spoiler für Jurassic World und Jurassic Park.

Die Tage hab ich es endlich ins Kino geschafft um Jurassic World auf der großen Leinwand zu sehen. Meine Erwartungen hielten sich in Grenzen und das Bombardement an Trailern erweckte den Eindruck ich hätte bereits den kompletten Film gesehen. Im Kern ganz unterhaltsam aber wenig von dem gezeigten bleibt wirklich beim Zuschauer hängen. Es werden zwar einige nette Setpieces geboten aber der Wowfaktor der einem 1993 geboten wurde, geht leider durch die übermäßige Nutzung von CGI verloren. In der heutigen Zeit zwar alltäglich aber verständlich. Eine Sache hab ich allerdings stark vermisst und es ist eine Technik welche Jurassic Park damals unter anderem so effektiv gemacht hat: der build up.

Um den Begriff kurz zu erläutern: Es ist die Kunst mithilfe von Kameraeinstellungen, Tempo sowie einem Sinn für Dramatik die folgende Szene/den folgenden Film spannend und interessant aufzubauen. Der Zuschauer soll spüren was da auf ihn zukommt, egal in welchem Genre. Ein gut konstruierter build up, macht die nachfolgende Action (physische oder emotionale) umso zufriedenstellender.

Manche bezeichnen den build up als die allseits bekannte Kirsche auf der Torte welche eine (Action-)Szene zu etwas besonderem macht. Für mich ist es eher eine komplette Schicht innerhalb des Kuchens welche, sobald sie fehlt, den Kuchen nicht kaputt aber unheimlich wackelig macht. Man vermisst etwas aber man kann nicht genau sagen was es ist.

Jurassic World beginnt nach einer kurzen Introsequenz mit den zwei jüngsten Charakteren im Film gespielt von Ty Simpkins und Nick Robinson. Wir begleiten beide auf ihrer Reise zu dem Vergnügungspark wo ihre Tante und Parkmanagerin, gespielt von Bryce Dallas Howard, auf sie wartet. Diese Reise sollte spannend aufgebaut werden. Wir sollten mit beiden Kindern mitfühlen, ist es doch ihr erster Besuch des Parks. Dieses Gefühl kommt beim Zuschauer leider nicht auf. Die ersten 10-20 Minuten wirken etwas unausgegoren und nervös: kurze Szenen mit den zwei Kids aneinander gereiht welche die Reise zu dem Park nicht interessant aufbauen sondern leicht hektisch wirken lassen. Es kommt weder Spannung noch irgendeine Erwartung auf. Die Szenen wirken lieblos zusammen gepackt. Kein Vergleich zu Jurassic Park in welchem wir in einem wunderbar konstruierten Beginn mit unseren Charakteren die Reise bestreiten. Es klingt wahrscheinlich leicht unfair den vierten Teil mit einem von Spielberg’s Meisterwerken (!) zu vergleichen aber meiner Meinung nach muss er sich diesen Vergleich gefallen lassen. Wir sind nicht angespannt oder begeistert von dem gezeigten sondern vielmehr so gelangweilt wie manche Charaktere von dem Park der ihnen nichts Neues mehr bietet.

Weiterhin wird uns kein Dinosaurier verheimlicht. Nur der Indominus Rex welchen wir bei unserer ersten Begegnung hinter Büschen erspähen und nur Bruchstücke des großen Tieres ausmachen können, wird nicht sofort gezeigt. Sobald wir aber den neu erschaffenen Saurier sehen, fühlt man keinen großen Aha-Moment. Erschaffen aus CGI fehlt hier völlig der „Impact“ dieses große Tier zum ersten Mal zu sehen. Ein paar Kratzspuren an der Wand helfen da für meinen Geschmack nicht viel. Diese Ausbruchssequenz sollte das erste große Highlight des Films sein. Das ist leider nicht der Fall. Auch hier wieder der, für manche vielleicht unfaire, Vergleich zu Spielberg’s Version und dem ersten Auftritt des T-Rex. Wir sind ähnlich frustriert wie die Gruppe in den Jeeps als das versprochene Tier nicht auftaucht. Eine Ziege wird als Appetizer serviert aber der Tyrannosaurus zeigt sich nicht. Danach geht es weiter. Man kümmert sich um einen kranken Triceratops als es langsam anfängt zu regen. Es wird langsam Nacht und durch einen Nebenplot bleibt die Gruppe mit ihren Jeeps vor dem Gehege des T-Rex unfreiwillig stehen. Was folgt ist gewiss eine von Spielberg’s besten Sequenzen: spannend, dramatisch und mit einem perfektem Timing erzählt bricht das monströse Tier aus und verursacht Chaos. Eine der vielen Dinge welche diese Szene so herausragend macht ist der build up. Wer erinnert sich nicht an die Wasserringe im Glas verbunden mit dem gewaltigen Sound der etwas Großes ankündigte. Der Aufbau zu dieser Szene ist fantastisch und fängt nicht nur wenige Sekunden vorher an. Auf die Gefahr des Tyrannosaurus werden wir lange vorher aufmerksam gemacht und sein Erscheinen wird mehrmals hinaus gezögert.

Natürlich erwarte ich keinen solch meisterhaften Aufbau wie 1993 aber ein gewisses Maß an Antizipation hab ich mir dann doch gewünscht. Stattdessen gibt es Action und Chaos das sich leider nicht real anfühlt und ohne großartigen build up leider einiges an Faszination einbüßt. Ein Problem vieler Blockbuster heutzutage. Die Tatsache, dass der Indominus Rex mehrere Qualitäten besitzt (Fähigkeit zu tarnen, höheren IQ als die Wissenschaftler die ihn erschaffen haben) die oft wie aus dem nichts auftauchen macht das Ganze nicht besser. Wie oben schon erwähnt waren einige der Setpieces nett inszeniert aber völlig spannungsarm präsentiert. Mir fehlte der Aufbau der Szenen. Die großen Momente wirken lieblos rein geworfen. Dass man im Grunde mit keinem der blassen Charaktere mitfiebert schadet dem Film obendrein.

Natürlich ist die Kunst des klassichen build ups nicht komplett verloren gegangen. Ich habe ihn nur in einem Film vermisst dessen Vorgänger (bzw. sein Regisseur) jene Technik in Perfektion zur Schau gestellt und genutzt hat.

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