Tom Cruise ist die vielleicht reinste Verkörperung des so kommerziellen wie massentauglichen Hollywood-Kinos. Primär als cineastische Erlöserfigur inszeniert präsentiert er sein blitzsauberes Sieger-Lächeln ebenso vor wie hinter der Kamera. Sexy, muskulös, jovial, erfolgreich, millionenschwer, aktiv hetero, weiß, manierlich, etwas bieder: die Blockbuster-Inkarnation für die gewinnbringende Eskapisten-Unterhaltung schlechthin (Scientology geht dann auch ok). Zwischendurch darf mal mit ein bisschen Kunst zum Oscar hin gespielt werden.
Besonders in den 80ern und 90ern prägte er den Actionfilm in seiner typischen Rolle als junger Heißsporn, der immer sich selbst überwindet, allen Widrigkeiten zum Trotz das Böse besiegt und die idealisierte Frau abbekommt. Auffällig oft war er aber ebenso in Science-Fiction-Produktionen zu sehen und hat damit nicht zuletzt diesem Genre seinen Stempel aufgedrückt. Allerdings war und ist Tom Cruise nie der ganz große Schauspieler aus der allerersten Liga, auch wenn er es zwischendruch mit kontroversielleren und eher schwierigen Rollen wie in Geboren am 4. Juli (1989) oder Eyes Wide Shut (1999) versuchte. Naja, dann doch wieder der Mission Impossible-Geheimagent. Lediglich im Episoden-Drama Magnolia (1999) vermochte er es als psychisch angeknackster ‚Dating-Motivator für Männer‘ voll zu überzeugen.
Nun soll er also wieder die Welt retten, dieser Cruise, und zwar diesesmal in der endzeitlichen Science Fiction-Mär Oblivion. Als Regisseur zeichnet sich Joseph Kosinski aus, der bereits mit Tron: Legacy (2o1o) bewiesen hat, dass er eine stlisicher-ästhetische Bildsprache annähernd meisterhaft beherrscht. Die Handlung basiert auf einer unveröffentlichen (!) Graphic Novel, an der Kosinski als Autor mitgeschrieben hat. Logisch, dass er ebenso am Drehbuch beteiligt war, welches das Hauptproblem von Oblivion darstellt…
„If you’re looking for the truth, that’s where you’ll find it.“
This is the future and the future ain’t bright
Die Menschheit hat den Krieg gegen eine Alien-Invasion gewonnen, aber der Preis war hoch: die Erde ist nach dem nuklearen Holocaust, Erdbeben und Tsunamis zu einem gigantischen, unbewohnbaren Ödland geworden. Der Jupiter-Mond Titan ist die neue Heimat für die Überlebenden. Da dort die Ressource Wasser aber knapp ist, werden in großen Förderanlagen die Ozeane ausgeschöpft.
Jack Harper (Tom Cruise) und Vica (Andrea Riseborough) sind die letzten beiden Menschen auf der Erde, die für die Überwachung der Anlagen und die Wartung der Verteidigungsdrohnen verantwortlich sind. Die Kommandozentrale für das Team befindet sich in der Raumstation Tet, die in der Umlaufbahn schwebt.
Mysteriöse Vorfälle häufen sich und es scheint, als wollen die versprengten Aliens auf der Erde mit Jack in Kontakt treten…
„Is it possible to miss a place you’ve never been? To mourn a time you never lived?“
Wunderschöne Endzeit
Oblivion beginnt durchaus überzeugend. Vor allem die so perfekt animierten wie ästhetisch beeindruckenden Schauwerte, die speziell im ersten Drittel dominieren, sind das Kino-Ticket schon wert. Besonders das zerstörte New York und die endlos weiten Landschaften (hauptsächlich in Island gedreht und mit reinkopierten Computermodellen versehen) lassen zumindest ein leises Staunen aufkommen. Dabei wird mit der bedrückenden und verlorenen Atmosphäre der Ton des Endzeit-Genres sehr gut getroffen. Auch das ausgezeichnete Produktions-Design hinsichtlich der Transport-Vehikel, Architektur, Waffen und Kostüme muss erwähnt werden. Die Concept Artists haben sich offenbar mit viel Freude und stilsicherem Können die Finger wund gezeichnet.
In Oblivions besten Momenten wird der Geist der klassischen Science Fiction der 70er Jahre beschworen, der damals besonders in Kurzgeschichten oder in Filmen wie Silent Running (1972) oder Logan’s Run (1976) seine Höhepunkte fand.
„Please don’t tell me it was a classic.“
Holprige und ausgetretene Story-Pfade…
Oblivions eigentlich Schwäche ist allerdings die Handlung. Was erst noch spannend und interessant wirkt, erweist sich mit dem zunehmenden Fortschreiten der Exposition und der Dramaturgie als überkomplex, sperrig und auch in der inneren Logik nicht immer ganz nachvollziehbar und glaubwürdig. Manche Twists sind eher bemüht als überraschend, manche mögliche Vorhersehbarkeiten mehren sich.
Als Kenner des SF-Genres bemerkt man zudem früher oder später, dass hier diverse Versatzstücke, auffällig betont mit diversen Anspielungen, zusammengetragen wurden. Konsequent runtergebrochen ist Oblivion nämlich das cineastische Destillat aus Moon (2009) , 2001 – A Space Odyssey (1968) samt Independence Day (1996) und einer Prise Mad Max (1979). Screamers (1995) schwingt auch noch ein bisschen mit. Wer das Computerspiel Portal (2007) kennt, wird auch das eine oder andere Aha-Erlebnis haben. Nichtkennern wird dies aber egal sein und man muss auch sagen, dass die Mixtur nicht zu auffällig oder gänzlich ungelungen wirkt. Dennoch, etwas mehr Orginalität von Joseph Kosinski vor allem hinsichtlich des Finales, wäre durchaus wünschenswert gewesen.
„This is Jack Harper. I’m good to go.“
Der Tom und die Frauen…
Ein schwächelndes Drehbuch hat auch schwächelnde Figuren zur Folge und dies trifft nicht zuletzt auf Tom Cruise in seiner Rolle des Jack Harper selbst zu. Da keine echte Entwicklung stattfindet, er in seiner Motivation nicht gänzlich nachvollziehbar wirkt und fast ohne Vergangenheit auskommen muss, fehlt die emotionale Bindung zum Zuschauer. So folgen wir mehr einem neutralisierten Action-Vehikel, das irgendwann nur noch einem bekannten Story-Schema folgt, als einem tatsächlich greifbaren Helden, der sichtlich um sein Überleben und seine Identität ringt. Tom Cruise ist leider auch nicht der Schauspieler, der diese inhaltlichen Mängel mit Tiefe und Können in der Performance ausbügeln könnte. Zu sehr ist er wieder Tom Cruise als Tom Cruise, zu sehr beweist er wieder seine Anti-Ambivalenz, zu eindeutig ist wieder sein Weltenretter-Image.
Klar an die Wand gespielt wird er zudem von den beiden weiblichen Haupt-Protagonistinnen: Andrea Riseborough und Olga Kurylenko, die in Oblivion die eigentlichen darstellerischen Highlights ausmachen. Dumm nur, dass dadurch Tom Cruise noch blasser und uninteressanter wirkt. Oscar-Preisträger Morgan Freeman taucht schließlich auf, aber naja…
„Dream of us. “
Fazit von Spenz
Eigentlich mach Oblivion nichts wirklich falsch. Besonders die Endzeit-Atmosphäre ist wirklich stimmig in Szene gesetzt und die perfekten Computereffekte in den wundervollen Landschaftsaufnahmen zeichnen diesen SF-Film besonders aus. Das stilsichere Produktionsdesign fügt sich ideal in die gelungene Visualisierung ein.
Die überraschend komplexe und zudem leider etwas zu sperrige Handlung mit schwächelnder Figurenzeichnung fällt leider mit zunehmender Laufzeit immer mehr auf. Auch sind die Versatzstücke aus anderen Filmen zu eindeutig und lassen echte Orginalität vermissen. Die zahlreichen Twists neigen mehr und mehr zur Vorhersehbarkeit. Symptomatisch für Oblivion als Ganzes ist schließlich das überraschungsfreie und spannungsarme Finale, das eine tatsächliche Wende und eine beeindruckende Idee bitter nötig gehabt hätte.
Eine Empfehlung kann man geben, auch wenn das sichtlich verschenkte Potential eine gewisses, wiewohl eher geringes Maß an Enttäuschung zurück lässt. Was vielversprechend beginnt, endet leider wenig erinnerungswürdig. Letztlich ist Oblivion wohl nur für große Freunde des Genres wirklich interessant.
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