in ,

The Mandalorian Review zu S01E06: Der Gefangene

Mando im Gefängnisschiff - Headerbild
Mando und die Ganoven im Gefängnisschiff - Disney

Mit The Mandalorian hat uns Disney+ eine „Star Wars“-Serie beschert, die sich fünf Folgen lang an Western-Tropen orientiert hat. „Kapitel 6: Der Gefangene“ (OT: „The Prisoner“) macht alles anders und nicht unbedingt besser.

Eskapoden Podcast„Was bisher geschah, könnt ihr in unserem „Kapitel 5: Der Revolverheld“-Review nachlesen. In der neuesten Eskapode unseres Podcasts sprechen Mo und ich über „Folge 6: Der Gefangene“. Da Mo die Folge als nicht ganz so schrecklich empfand und sich unser Gespräch deshalb vom folgenden Recap unterscheidet, lade ich herzlich dazu ein, hineinzuhören!

Review zu „Kapitel: 6 – Der Gefangene“

Mandos Schiff, die Razor Crest, landet in einem Hanger. Diesmal gibt es keine Szene, in der Mando und Baby Yoda ihrem Raumschiff-Alltag nachgehen, in der Mando knöpfe drückt und Baby Yoda süß an Knöpfen nuckelt. Auch abgesehen davon ist diese Episode keine typische „Mandalorian“-Folge.

„Mando, is that you under that bucket?”, meint ein schrulliger älterer Kerl mit langen weißen Haaren, der Mando offenbar von früher kennt. Ranzar „Ran“ Malk (Mark Boone Jr., „Sons of Anarchy“, „Batman Begins“) heißt er und schnell wird klar, dass Mando und er früher gemeinsam Aufträge erfüllt haben.

Ran hat einen Auftrag für Mando, der wie immer auf der Suche nach ein paar Credits ist. Mando soll mit vier anderen einen Gefangenen aus den Fängen eines feindlichen Syndikats befreien. Grummelig stimmt Mando zu, obwohl ihm der Gedanke missfällt, die Razor Crest einzusetzen. (Wir erinnern uns, irgendwo dort drin ist ja Baby Yoda, auch wenn wir ihn bisher noch nicht gesehen haben. Sollte man ein Kind wirklich zu so einem Einsatz mitnehmen?)

Ein Käfig voller Antihelden

Schon mit dem ersten der Gangster, Mayfeld (Bill Burr, „Breaking Bad“, „Walk of Shame“) gerät Mando in die Haare. Der ehemalige Scharfschütze des Imperiums hat wenig Respekt für den Mandalorianer. Ran versichert Mayfeld, er und Mando hätten „some crazy stuff“ gemacht, jedoch sei das lange her. Bei dieser Gelegenheit lässt es sich die Serie nicht nehmen, einen Witz über die Treffsicherheit der Sturmtruppen zu machen, denen „Star Wars“-Fans nachsagen, nichts zu treffen. Es sind kleine Meta-Jokes wie dieser, die für „Star Wars“-Fans einen Mehrwert bieten, wobei der Grat schmal ist und es schnell zu viel des Guten werden kann. Bisher hat „Mandalorian“ diese Balance gut gemeistert. In dieser Folge verliert sie das Wesentliche aus den Augen und gibt sich zu sehr derlei Anspielungen hin.

Neben Mayfeld, der die rechte Hand von Ran zu sein scheint, gehört Burg (Clancy Brown; „Die Verurteilten“, „Starship Troopers“, „Thor 3“, „Warcraft“) zum Team. Der rote und gehörnte Devaronianer (man kennt sie u.a. aus der Cantina in Episode 4) scheint eher von jener Sorte, die zunächst draufhaut und wenn sich das Problem nicht löst, nochmal draufhaut! Exkurs: Während die männlichen Devaronianer Hörner tragen, tragen die Frauen meist lange Haare und keine Stirnhörner. Sexualdimorphismus nennt sich das. Man kann bei „Star Wars“ einfach so viel lernen!

Als dritter im Bunde tritt der Droide Zero (gesprochen von Richard Ayoade; Maurice Moss in „ITCrowd“) auf. Wie so oft im „Star Wars“-Universum ist auch dieser Droide wortgewandt und vorlaut, was ganz amüsant klingt, weil Richard Ayoades britischer Akzent aus der Blechbüchse tönt.

„Sollten es nicht vier sein?“, wundert sich Mando und da kommt auch schon die Vierte: Xi’an [sprich: Schi‘an]. Xi’an (Natalia Tena; Tonks aus „Harry Potter“, „Game of Thrones“) ist eine Twi’lek, die Mando ziemlich bipolar anspringt und ihm erst die Kehle aufschlitzen will und dann direkt zum Flirt übergeht. Harley Quinn aus dem DC-Universe lässt grüßen. Ihr Bruder Qin (Ismael Cruz Cordova; „The Good Wife“, „Ray Donovan“, „Berlin Station“ und zukünftig in Amazons „Herr der Ringe“) soll gerettet werden, wie sich später herausstellt.

Angriff auf die Neue Republik

Bei der Lagebesprechung stellt sich heraus, dass der Gefangene nicht von einem feindlichen Syndikat befreit werden soll, sondern einem New Republic Prison Ship. „He wasn’t taken by a rival syndicate. He was arrested!”, stellt Mando fest und zweifelt an der Mission. Für die restlichen Ganoven ist das allerdings einerlei, denn Auftrag ist Auftrag und Geld ist Geld.

Um nicht entdeckt zu werden, muss die Razor Crest einen besonders riskanten Anflug wagen. Deshalb übernimmt der Droide Zero die Steuerung, obgleich Mando das nicht sonderlich gefällt. Immerhin hat die Episode so Zeit, die vier Gangster weiter als unsympathische Antagonisten aufzubauen, die Mando provozieren und angranteln. Es kommt zu einer kleinen Rauferei, bei der erstmals Baby Yoda auftritt. Alle wundern sich, was dieses grüne kleine Wesen denn sei, haben aber wohl nichts von Mandos Streit mit der Gilde und dem Kopfgeld gehört. Just bevor die Situation eskaliert – und welch glückliches Gefüge im Drehbuch – springen sie aus dem Hyperraum und starten den riskanten Landeanflug.

Das wirkt nicht wie „Star Wars“

Sie entern das Schiff, das hauptsächlich aus sehr langweiligen weißen Gängen besteht, welche die Szenerie für den Großteil der restlichen Folge bestimmen. Ein paar Kampfdroiden kommen. Mando erledigt alle. Die Gangster schauen nur dümmlich zu. In einem Kontrollraum treffen sie auf einen menschlichen Wachmann (Matt Lanter; die Synchronstimme von Anakin Skywalker in „Star Wars Rebels“, „Battlefront 2“, „Lego Star Wars“ …).

Sichtlich eingeschüchtert von den Gangstern greift er in seiner Not zu einem Peilsender. Drückt er ihn, würden als bald Truppen der Neuen Republik auftauchen und vermutlich kurzen Prozess mit der Gangsterbande machen. Mando versucht, deeskalierend zu wirken, die Twi’lek Xi’an wirft ein Messer und tötet den Wachmann, was den Peilsender aktiviert. In spätestens 20 Minuten soll die Verstärkung ankommen. Außerdem schaltet das Licht der Gänge auf rot, was dem Geschehen einen neuen düsteren Unterton gibt.

Alte Feinde

Sie finden Qin, Xi’ans Bruder. Dieser meint: „Funny, the man who left me behind is now my savior!” Offenbar hatten auch er und Mando eine gemeinsame Vergangenheit.

Zum Dank für die Befreiung schmeißen die Gangster Mando in die Zelle. Dieser befreit sich schnell, indem er einem vorbeigehenden Droiden den Arm ausreißt und diesen als Schlüssel verwendet. Glücklicherweise lassen sich die Zellen ja von beiden Seiten öffnen. Das dürfte wohl mit intergalaktischen Brandschutzrichtlinien zusammenhängen.

Mando geht zurück zum Kontrollraum. Er schließt eine Art Brandschutztüren, wodurch die Gangster getrennt werden. Qin und Mayfeld schleichen nun zu zweit durch das Schiff und Burg und Xi’an sind ein weiteres Team. In bester Teenie-Slasher-Manier beschließen die beiden sich aufzuteilen, um allein gegen den Feind zu kämpfen. Wenn ihr euch an dieser Stelle fragt, ob dieses Drehbuch vor dem Dreh irgendjemand gelesen hat oder ob es überhaupt ein Drehbuch gab, geht es euch wie mir.

Mando überlistet Burg, ist ihm aber im Zweikampf unterlegen und kann ihn schließlich mit einer Schiebetür überwinden. Luke Skywalker grüßt aus Episode 6, in welcher er einen Manticor auf diese Art bezwang.

Xi’an trifft auf Mando. Sie bewirft ihn mit Messern. Auch sie bezwingt er.

Währenddessen schleicht Mayfeld vorsichtig immer weiter durch das Gefängnisschiff. Das bedrohliche Licht blinkt mittlerweile und fällt immer wieder aus. Im Stakato sehen wir, wie ein mandalorianischer Schatten immer näher kommt. Spannend an dieser Szene ist, dass sie die Erzählperspektive dreht. Wir sehen das Geschehen nah an Mayfeld, während sich Mando fast wie ein Antagonist an ihn heranpirscht.

Qin ist mittlerweile bei der Leiter zur Razor Crest. Mando holt ihn ein. Qin appeliert an Mandos Code, den Auftrag zu erfüllen. Das sei doch der Weg, oder?

Baby Yoda wird währenddessen von Zero durch die Razor Crest verfolgt. Schließlich will Baby Yoda ihn mit der Macht bezwingen, so scheint es. Doch Mando schießt dem Droiden ins Kreuz, bevor Baby Yoda die Macht einsetzen kann.

Ein Abgang voller Logiklöcher

Schnitt: Die Razor Crest landet in Rans Station. Mando und Qin verlassen das Schiff. Ran fragt, wo die anderen seien. „No questions asked, that’s the policy, right?“, meint Mando. Ran lacht und bezahlt Mando. Qin freut sich, frei zu sein. Mando und Baby Yoda, der endlich am Knauf des intergalaktischen Schaltknubbel nuckeln und süß sein darf, fliegen ins All hinaus.

„Kill him“, sagt Ran. Ein Jäger wird per Lift in den Hanger gehoben. Qin lacht. Er findet den Peilsender in seiner Tasche. Er lacht nicht mehr.

Drei X-Wings springen aus dem Hyperraum. Jep, das sei eindeutig das Signal des Peilsenders, meinen die Piloten und die Pilotin. Gespielt werden die drei von Rick Famuyiwa, der bei Kapitel 2 und dieser Episode Regie führte, Deborah Chow, die bei Kapitel 3 und 7 am Regiestuhl saß und Dave Filoni, der neben der Regie von Kapitel 5 auch als Produzent der Serie fungiert. Die drei Piloten sind sich einig. Das einzig vernünftige sei, auf die Station zu feuern, zumal gerade ein Jäger beim Starten sei. Dass spätestens hier Logik keine Rolle mehr spielt, soll im Fazit erläutert werden.

Schnitt: im Gefängnisschiff kommen in der Zelle alle Gangster zu sich. Alle haben das Abenteuer und den Kampf gegen Mando überlebt.

Fazit zu „Kapitel 6: Der Gefangene“

Was war das? Man möge meine Reviews zu den bisherigen Folgen lesen. Mir gefällt die Serie „Mandalorian“, aber Kapitel 6 ist ein trauriges Versehen. Der Großteil spielt in optisch völlig belanglosen – ja nicht einmal sonderlich charakteristischen – Gängen. Das ist nicht „Star Wars“. Natürlich mag ein Gefängnisschiff zweckmäßige Architektur haben. Aber selbst den Blockade-Runner aus Episode 4 erkennt man am Gang. Was sich die Design-Abteilung hierbei gedacht hat, würde mich wirklich interessieren. Die Charaktere sind völlig belanglose und unsympathische Klischees ohne jegliche Wandlung. Abziehbilder aus dem Heftchen-Bösewicht-Katalog, ohne jegliche Seele. Ich verweise wieder einmal auf „Firefly“: Weltraum-Ganoven können durchaus sympathisch und interessant sein, selbst wenn sie einen Überfall planen, wenn sie sich gegenseitig betrügen und streiten.

Auch die zahlreichen Logiklöcher gehen darüber hinaus, was im Rahmen des „Willing suspension of disbelief“ möglich ist. Warum will Ran Mando töten, nachdem er ihn bezahlt hat und dieser am Wegfliegen ist? Warum ignorieren die kommenden X-Wing Mandos wegfliegende Razor Crest? Warum schießen sie auf eine Station, wenn ihr Peilsender eindeutig dort ist? Sollte man nicht annehmen, dass möglicherweise ein Überlebender gefangengenommen wurde? Wundern sie sich nicht, dass der Peilsender nicht auf einem Gefängnissschiff ist? Und sollten sie nicht eigentlich zu diesem gesprungen sein? Haben sie im Hyperraum die Richtung gewechselt?

Bessere Dramaturgie, weniger Easter Eggs

Neben den langweiligen Figuren und Sets gibt es jede Menge Fan-Service. Hier ein Maus-Droide, da ein Gespräch über Gungans, bekannte Rassen und Fahrzeuge wie den X-Wing. Einerseits hilft das Fans, sich zu orientieren, zurück ins „Star Wars“-Universum zu finden. Andererseits macht es selbiges auch deutlich kleiner, als nötig wäre. Alles spielt im selben Winkel. Immer und immer wieder müssen die bereits bekannten Elemente auftauchen. Bisher war das weniger problematisch, weil die Folgen dramaturgisch mehr zu bieten hatten. Bei völlig unnahbaren Figuren, die trivial in die Kamera lachen, als stünde im Drehbuch „er lacht diabolisch“, ist dramaturgisch wenig herauszuholen.

Auch die Gastauftritte sind im Angesicht des belanglosen Drehbuchs mit einem Schulterzucken abzutun. Bei Folge 6 wäre es sichtlich sinnvoller gewesen, sich weniger auf Easter Eggs und Cameos und mehr auf ein gutes Drehbuch zu stützen. Immerhin ist Christopher Yost, der für das Drehbuch verantwortlich ist, nur bei dieser Folge beteiligt. Das lässt mich fürs Finale hoffen.

Ungewöhnliches Design: gut und schlecht

Bei allem Gejammer möchte ich dennoch mit positiven Worten enden: Vor allem das Design der Station von Ran hat mir sehr gut gefallen. Auch das erinnerte weniger an den „Star Wars“-Kanon und mehr an Werke wie „Guardians of the Galaxy“ oder die Science Fiction-Comics aus „Heavy Metal“ (OT:“Metal Hurlant“). Schade, dass die Folge nicht mehr auf dieser Station gespielt hat. Auch der Jäger, den Ran starten lässt, ist äußerst gelungen designt. Er erinnert an die runden Formen der Episoden 1, 2, 3. Der Wandel des Designs von den runden und anmutigen Schiffen der alten Republik zu jenen der Klonkrieger bis zu den kantigen Sternenzerstörern des Imperiums ist für mich einer der spannendsten Aspekte im „Star Wars“-Universum. Es ist schön zu sehen, dass diese Design-Überlegungen auch immer wieder in „Mandalorian“ und den neuen Filmen aufgegriffen werden.

Wenn ihr eine ganz andere Meinung vertretet und ihr findet, dass ich dieser Folge mit meiner Kritik großes Unrecht antue, lasst es uns doch wissen: Hier in den Kommentaren, gern auch unter eskapoden at kinofilme.com.

Nächste Woche geht es weiter mit „Kapitel 7: Die Abrechnung“. Das klingt ja fatal! Aber für wen? Für Mando oder doch den Klienten? Wir haben sie noch nicht gesehen und sind schon gespannt!

 

Was denkst du darüber?

0 points
Upvote Downvote

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Loading…

Lichtspielcast – „Blow the man down“ aka „Leg den Kerl um“

Titelbild zum Mandalorian E7 Review

The Mandalorian Review zu S01E07: Die Abrechnung