Filme mit Johnny Depp sind eigentlich immer Garanten für eine hohe Dichte an Frauen unter den Kinobesuchern. Da der Titel von The Rum Diary jedoch erahnen lässt, dass es wohl primär auch irgendwie um Alkohol geht bei dieser Geschichte, fanden dann letztlich auch ebenso viele Männer den Weg zur Preview ins Lichtspielhaus. Bis dato hatte ich praktisch nichts über den Film gehört, ob mich sein hochprozentiger Inhalt überzeugen konnte? Lest selbst…
„Do not confuse love with lust, nor drunkenness with judgment.“
Der erste Drink
Mittel- und ahnungslos trifft der Journalist und gescheiterte Buchautor Kemp 1959 auf Puerto Rico ein, um für eine lokale Zeitung zu arbeiten. Doch schon bald muss er erkennen, dass nicht alles Gold ist was glänzt – es kann vielmehr auch die Oberfläche eines vollen Glas Rum sein. Denn der amerikanische Traum wird hier mit dem Ausverkauf des Paradieses bezahlt und seine desillusionierten Kollegen, die dies längst erkannt haben und bereits die Pleite der Zeitung prophezeien, ertränken ihren Frust in Alkohol. Als Kemp jedoch den einflussreichen, ihm wohlgesinnten PR-Strategen Sanderson kennenlernt, winken erstmals beruflicher Erfolg und Geld. Wenn da nicht dieser verdammte Rum, diese lästige Arbeit, moralische Konflikte und Sandersons wunderschöne Freundin Chenault wären.
„How does anyone drink 161 miniatures?“
Vollrausch
Die Verfilmung basiert auf dem gleichnamigen Roman von Hunter S. Thompson, der 2005 verstarb und ein langjähriger Freund Johnny Depps war. Depp übernahm schon 1998 die Hauptrolle des Raoul Duke in Fear and Loathing in Las Vegas, dessen Romanvorlage ebenfalls Thompsons Feder entsprungen ist. Kurz nach dem Tod des Autors machte sich Depp für eine baldige Verfilmung von The Rum Diary stark, für die auch Thompson bereits seit der Fertigstellung des Buches in den 1960er-Jahren kämpfte. Das Buch wurde übrigens erst 1998 veröffentlicht, da es über 30 Jahre lang keinen Verleger fand. So ist es wohl dem allgemeinen Desinteresse der Verlags- und Filmgesellschaften geschuldet, dass dieser Stoff nicht eher in die Kinos kam, denn auch Depps Wunsch nach einer Umsetzung musste bis zum Drehbeginn 2009 warten. Neben seiner Hauptrolle als Paul Kemp trat Depp als Produzent des Films in Erscheinung und holte für dessen Realisierung den Regisseur Bruce Robinson, fast 20 Jahre nach Jennifer 8, aus dem Ruhestand. Dieser zeichnet sich auch für das Drehbuch verantwortlich. Die wohl bekanntesten Kollegen an Depps Seite dürften Aaron Eckhart (The Dark Knight) und Giovanni Ribisi (Avatar) sein. Pikant ist die Besetzung von Amber Heard (als Chenault) – zuletzt kamen Gerüchte auf, sie habe eine Affäre mit Depp gehabt. Für die Kameraarbeit konnte man Dariusz Wolski verpflichten, der unter anderem beim Sommerblockbuster Prometheus und allen Fluch der Karibik-Teilen mitwirkte.
„Your tongue is like an accusatory giblet!“
Katerstimmung
Die Kameraarbeit ist gleichzeitig auch das große Plus des Filmes. Immer wieder werden schöne, atmosphärische Bilder von Puerto Rico gezeigt, die einen wahrlich in den Bann ziehen. Auch der Humor vermag streckenweise sehr zu überzeugen, vor allem so mancher, meist rumdurchtränkter Dialog zwischen Johnny Depp und Michael Rispoli sorgte für einiges an Gelächter. Insgesamt lässt die Spielkunst der Schauspieler wenig zu wünschen übrig, solange man ihnen zu Gute hält, dass das Drehbuch offensichtlich einen viel zu engen Rahmen für die Charakterentfaltung absteckt. Diese Schwäche überrascht dann doch etwas, angesichts der starken Dialoge.
Letztlich weist der Film eine krasse Diskrepanz zwischen der Menge interessanter, die Geschichte weiterentwickelnder Handlung und seiner Spieldauer auf – kurzum: er ist gen Ende doch sehr ermüdend. Ob der langwierige Plot aus einer all zu genauen Umsetzung der Romanvorlage resultiert, vermag ich nicht zu sagen, da ich selbige nicht kenne. Zum Film bleibt jedoch zu sagen: Seine handelnden Personen sind zu schematisch, einzig allein der dauerbetrunkene Redakteur Moberg (Giovanni Ribisi) hat ein zweites Gesicht. Die oberflächliche Kapitalismuskritik wirkt mehr oder minder aufgesetzt und die ganz große Revolution bleibt am Ende dann auch aus. Der gute Humor kann diese Mängel leider nicht übertünchen.
„We’ll nail this bastard to his own front door.“
Fazit von ms91
The Rum Diary handelt vom menschlichen Scheitern, diese Botschaft zu transportieren gelingt ihm gut. Ansonsten ist der Film, meiner Meinung nach, im Versuchsstadium irgendwo zwischen Klassenkampf, Komödie, Romanze und Biopic stecken geblieben und somit selbst ein wenig gescheitert. Was bleibt, ist ein gut gemischter „Drink“ aus Humor und stimmigen Dialogen, der leider mit viel zu viel durchschnittlicher Handlung gestreckt wurde, was letztlich auch zu der durchschnittlichen Bewertung führte. Wer Geschichten aus dem Hinterhof des Lebens mag, dem wird man diesen Film wohl empfehlen können. Jedem anderen sei geraten nicht zu große Erwartung an diesen Streifen zu hegen.
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