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True Blood – Staffel 1

Mögen uns auch im Sonnenlicht glitzernde und grausam verkitschte Vampire im Kino plagen, so gibt es für Freunde richtiger Blutsauger glücklicherweise auch eine Hardcore-Version des Mythos, der vom Unleben und endgültigen Sterben der Kinder der Nacht erzählt (und noch so einigem anderen). True Blood heißt die preisgekrönte Serie von HBO, einem Pay-TV Sender aus den USA, der für aufwändige und qualitativ hochwertige Produktionen bürgt und einen Serien-Junkie wie mich unter anderem bereits mit Carnivàle, Rome oder den legendären Sopranos beglückt hat.

Ebenfalls (annähernd) meisterlich ist Six Feet Under aus demselben Hause, die geschaffen, kreiert und produziert wurde von Alan Ball, der den meisten am ehesten noch als mit einem Oscar geadelter Drehbuchautor des großartigen Films American Beauty bekannt sein dürfte. Selbiger beweist nunmehr seit 2008 recht erfolgreich, dass Vampire doch cool sind und vor allem im Sonnenlicht ziemlich elendig verrecken…

Zwei Staffeln zu je zwölf Folgen (mit runden 55 Minuten) sind bereits abgedreht und bei immer weiter steigenden Zuschauerzahlen läuft gerade die Dritte in den USA. Grund genug, dass ein Genre- und Serienfan wie ich sich einmal die erste Staffel reinzieht.

„Don’t say UH-OH! Vampires do NOT say UH-OH!“

Die Lebenden und die Toten in den Südstaaten

Das Setting der Serie ist so ungewöhnlich wie vielversprechend. Die Gemeinschaft der Vampire hat sich kurze Zeit bevor die eigentliche Geschichte von True Blood einsetzt der sterblichen Öffentlichkeit offenbart und strebt eine Ko-Existenz mit den Lebenden an. Äußerst hilfreich ist dabei der Umstand (wohl auch einer der Hauptgründe für die ‚Great Revelation‘), dass es Japanern gelungen ist, synthetisches Blut in rauen Mengen zu erzeugen, namensgebendes True Blood eben, das nunmehr einfach im Handel oder in der Bar um die Ecke erhältlich ist.

Auch in den amerikanischen Südstaaten, genauer gesagt in Louisiana und noch genauer im Kaff Bon Temps, wird es durch all das etwas unruhiger und nicht mehr ganz so verschlafen. Die Hauptfigur, um die der Großteil der Handlung kreist, ist die 25-jährige Sookie Stackhouse, die als Kellnerin im örtlichen Merlotte’s arbeitet. So nebenbei kann sie auch Gedanken lesen, aber dabei ist sie, mal abgesehen von den Vampiren, nicht die einzige ungewöhnlich begabte oder seltsam veranlagte Gestalt, wie wir im Laufe der Serie erfahren dürfen. Ihr Bruder Jason Stackhouse geht die meiste Zeit seiner Sex-Besessenheit nach, während ihr Chef Sam Merlotte ein wenig verschossen ist in sie und sonst auch irgendwie viel rumschnüffelt. Ihre Freundin Tara kämpft mit einer alkoholkranken Mutter und der Koch von Merlotte’s, mit Namen Lafayette beweist uns, dass schwarz und schwul auch viel Spaß machen kann.

Blutsauger gehen um in Bon Temps und nicht alle sind freundlich. Lediglich ein gewisser Vampir namens Bill Compton, der mit Höflichkeit und Ansehnlichkeit gleich mal das Herz von Sookie gewinnt, hinterlässt bei der örtlichen Bevölkerung einen etwas besseren Eindruck, wenn auch noch genug Hinterwäldler ihn und seinesgleichen lieber brennen sehen würden. Tja und dann gibt es noch eine unheimliche Mordserie, bei der reihenweise weibliche ‚Fangbangers‘ das Zeitliche segnen…

„No darlin‘ we’re white. He’s dead.“

Etwas Schatten…

True Blood ist selbst für hartgesottene Serien-Freaks ein wenig ungewöhnlich. An das fröhliche Beisammensein einer realen und einer mythisch-magischen Wirklichkeit muss man sich in der Form auch mal etwas gewöhnen. Der Humor, der öfters zwischen Subtilität und Klamauk schwankt, weiß vielleicht zuerst auch nicht immer ganz zu gefallen. Zudem haben fast alle Charaktere eine gewisse Schrulligkeit, die irgendwie liebevoll und provinziell daherkommt.

In der Handlung selbst ergeben sich immer wieder Längen und im Grunde kommt alles erst so richtig ab der dritten Folge in die Gänge. Gerade der Pilot schwächelt deutlich im Vergleich zu anderen grandiosen HBO-Produktionen. Zudem wirken manche Cliffhanger etwas bemüht.

„FANGtasia?“

…aber viel Licht

Gibt man True Blood etwas mehr Zeit und lässt sich ein auf die durchaus erfrischend andere Vampir-Welt, so wird man durchaus reichlich belohnt mit einer in vielen Belangen wunderbar gelungenen Figurenzeichnung, so einigen witzig-skurrilen bis absurd-surrealen Momenten, sowie sehr schönen Charakter-Entwicklungen, die offensichtlich noch besser über die erste Staffel hinaus funktionieren. Speziell der äußerst detaillierte Mythos der Vampire wird hier mit jeder neuen Episode reichhaltiger offenbart (wobei Kenner des Rollenspiels Vampire: The Masquerade so einiges wiedererkennen werden), was mir in seiner Gesamtheit besonders gut gefallen hat.

Dabei sind viele Dialoge mit dem starken Südstaaten-Slang (freilich nur im englischen Original) ein wahrer Genuss, speziell auch dann, wenn der Schauspieler Nelson Ellis als Lafayette in seinen größtenteils improvisierten Szenen voll loslegt. Überhaupt ist der Cast HBO-typisch großartig. Einer Anna Paquin glaubt man ihre Fähigkeit Gedanken lesen zu können einfach. Wohl auch selten wo hat ein Schauspieler wie Ryan Kwanten als Jason einen so dämlichen Charakter samt reichlich Muskelfleisch zum Besten geben können. Und selbst eine Nebenfigur wie Chris Bauer als Detective Bellefleur könnte nicht besser besetzt sein. Natürlich gilt dies auch für die vielen Vampire, wie Stephen Moyer als Bill oder den für mich verdammt coolen Alexander Skarsgard als Eric.

„Sookie is mine!“

Metaphern und so…

Unterm Strich macht True Blood doch sehr viel Spaß. Drogen, (reichlich) Sex und Gewalt inklusive. So nebenbei funktioniert das Vampir-Thema auch als Metapher für eine ganze Reihe von Dingen, nämlich unter anderem für Rassenprobleme, Homosexualität (typisch für Alan Ball übrigens) oder auch generell Krankheit und Ausgrenzung, die jeweils häufig auch noch als eigene Motive behandelt werden. Das alles mit viel mythisch-magischem Brimborium und einer Prise Politik. Ohne Religion geht’s natürlich auch nicht. Alles etwas sarkastisch, alles etwas ironisch.

„And the beauty and the tragedy of it is… that you don’t know just how different you are.“

7 / 10

Fazit von Spenz

Ich mag True Blood sehr, phasenweise liebe ich es. Die erste Staffel überzeugt durch einen eigenen Vampir-Mythos, schrullige und liebenswürdige Charaktere, fein inszenierte Figuren-Entwicklungen, Humor, Horror und einem Südstaaten-Flair mit starkem Akzent. Cast und Produktionsdesign könnten dabei kaum besser sein.

Einen etwas müden Anfang, zwischenzeitliche Längen und nicht immer die perfekte Drehbücher samt holprigen Cliffhangern trüben das Wässerchen wiewohl etwas. Für Freunde richtiger Blutsauger, die sich aber auch gerne in einem Beziehungs-Wirrwarr verlieren, unbedingt empfehlenswert. Gerne mehr davon. Zudem heißt es, dass sich die Serie von Staffel zu Staffel steigert. Allein auf die ersten Werwölfe bin ich schon sehr gespannt…

DVD-Extras:

Für mich höchst erfreulich gibt es bei den Specials fast zu jeder Folge ein Audiokommentar mit Schauspielern, Regisseuren und Drehbuchautoren. Hier erfährt man reichlich Hintergrundinfo und einiges über die Entwicklungsprozesse. Alan Ball selbst ergreift beim Pilot das Wort und das ist ein echtes Highlight, speziell wenn er sich selbst und den Zuhörer verarscht.

Die Fake-Doku ‚Vampire in Amerika‘ wirkt jetzt nicht ganz gelungen, aber immerhin erfährt man hier viel darüber, wie die ‚Great Revelation‘, als das Auftreten der blassen Unsterblichen in der Weltöffentlichkeit, vonstatten ging. Ein Comic samt einem Interview mit Alan Ball und einigen fiktiven Werbeanzeigen ist ebenso dabei in der DVD-Box. Nettes Beiwerk würde ich sagen.

Alles in allem sind die Extras recht ok, wenn auch nicht allzu überragend.

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